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Es kommt Bewegung in das Thema Analysten-Coverage: Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) plant, die im Rahmen von MiFID II eingeführten Unbundling-Regeln für Research-Dienstleistungen zu überarbeiten. Dieses Vorhaben könnte erhebliche Auswirkungen auf Investor Relations Officers (IROs) haben, insbesondere in Bezug auf die Verfügbarkeit und Qualität von Analystenresearch.
Hintergrund: MiFID II und das Unbundling
Wann und warum waren die Unbundling-Regeln überhaupt eingeführt worden? Mit der Einführung von MiFID II im Jahr 2018 wurden Finanzdienstleister verpflichtet, die Kosten für Research und Handelsausführungen getrennt auszuweisen. Ziel war es, Transparenz zu schaffen und Interessenkonflikte zu vermeiden.
Die Auswirkungen? Diese Trennung führte dazu, dass insbesondere kleinere und mittelgroße Unternehmen (KMUs) weniger Beachtung durch Analysten fanden, da die Nachfrage nach kostenpflichtigem Research zurückging. Eine Studie der ESMA aus dem Jahr 2020 zeigte, dass die Anzahl der Analysten, die KMUs abdecken, seit der Einführung von MiFID II signifikant gesunken ist.
Aktuelle Entwicklungen: ESMA erwägt Änderungen
Angesichts dieser Entwicklungen hat die ESMA im Oktober 2024 eine Konsultation gestartet. Ziel ist, die Auswirkungen der Unbundling-Regeln zu evaluieren und mögliche Anpassungen zu diskutieren. Ein zentrales Thema ist die Wiedereinführung von gebündelten Angeboten für Research und Handelsausführungen, unabhängig von der Marktkapitalisierung des Emittenten. Dies könnte dazu führen, dass Investmentbanken und Broker wieder kombinierte Pakete anbieten dürfen, was insbesondere für kleinere Unternehmen von Vorteil sein könnte.
Auswirkungen auf die Investor Relations
Was heißt das für die IR? Diese geplanten Änderungen mehrere Vorteile mit sich bringen:
- Erhöhte Analystenabdeckung: Durch die Möglichkeit, Research und Handelsausführungen wieder gemeinsam anzubieten, könnten mehr Analysten motiviert werden, auch kleinere Unternehmen zu covern. Dies würde die Sichtbarkeit dieser Unternehmen am Kapitalmarkt erhöhen.
- Verbesserte Kommunikation: Eine breitere Analystenabdeckung ermöglicht es IROs, ihre Unternehmensbotschaften effektiver zu verbreiten und ein größeres Investorenpublikum zu erreichen.
- Wettbewerbsfähigere Konditionen: Die Bündelung von Dienstleistungen könnte zu kosteneffizienteren Angeboten führen, was insbesondere für Unternehmen mit begrenzten Budgets attraktiv ist.
Herausforderungen und Überlegungen
Trotz der potenziellen Vorteile sollten IROs auch einige Herausforderungen berücksichtigen:
- Qualität des Researchs: Es besteht die Gefahr, dass eine Wiedereinführung der Bündelung zu einer Verwässerung der Research-Qualität führt, da Analysten möglicherweise weniger unabhängig agieren.
- Regulatorische Unsicherheiten: Die genauen Rahmenbedingungen der geplanten Änderungen sind noch nicht finalisiert. IROs sollten daher die Entwicklungen aufmerksam verfolgen und sich auf unterschiedliche Szenarien vorbereiten.
Fazit
Chancen & Risiken einer Anpassung der Unbundling-Regeln liegen nah beieinander. Eine erhöhte Analystenabdeckung und verbesserte Kommunikationsmöglichkeiten stehen potenziellen Bedenken hinsichtlich der Research-Qualität und regulatorischer Unsicherheiten gegenüber.
Sollten die Unbundling-Regeln wirklich wieder gelockert werden, so macht es Sinn, vermehrt über das Thema „Analyst-Targeting“ nachzudenken. So kann man frühzeitig ein Analyst-Targeting in die IR-Strategie und IR-Planung einbinden und über eine mögliche Umsetzung nachdenken. Sollte es dann tatsächlich zu einer Lockerung der Regeln kommen, kann direkt mit dem Analyst-Targeting begonnen werden. Wie heißt es im Englischen so schön? Der frühe Vogel fängt den Wurm!
*Quellen:
pbm
esma
esma2