Die europäische CSRD ist für Small und Mid Caps eine besondere Herausforderung

Die europäische CSRD ist für Small und Mid Caps eine besondere Herausforderung

 

Die große Mehrheit aller Unternehmen hat im Zuge der EU-Taxonomie ihre ESG-relevanten Zielsetzungen formuliert und sich für deren Umsetzung einen Zeitrahmen gesetzt. Die große Herausforderung der nächsten Jahre besteht jetzt darin, diesen Prozess im Einklang mit den verschärften regulatorischen Rahmenbedingungen zu gestalten. Konkret geht es um die Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD, die am 5. Januar 2023 verabschiedet wurde und Anfang 2024 in Kraft getreten ist.

 

 

Diese EU-Richtlinie zur Berichterstattung über Nachhaltigkeit verpflichtet Unternehmen Rechenschaft darüber abzugeben und nachzuverfolgen, wie sich ihre Aktivitäten auf Umwelt und Gesellschaft auswirken.

 

Konkretisiert werden die Berichtsinhalte durch die so genannten Europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS). Sie verpflichten Führungskräfte, Nachhaltigkeitsthemen wie Klimawandel, Verlust der Biodiversität und Menschenrechte zu analysieren, ihre selbst gesetzten Ziele transparent zu machen und die Zielerreichung zu messen. Im Einzelnen sind dabei bis zu 1144 quantitative und qualitative Datenpunkte zu berücksichtigen. Für alle Informationen ist eine unabhängige Prüfung erforderlich. Das gesamte Managementteam auf Vorstandsebene ist in seinem Tagesgeschäft tangiert. Der Aufsichtsrat und der Prüfungsausschuss müssen die Nachhaltigkeitsberichterstattung des Unternehmens überwachen. Und zu guter Letzt müssen alle Nachhaltigkeitsinformationen dem Abschlussprüfer oder einem unabhängigen Dienstleister vorgelegt werden, um „eine begrenzte Sicherheit“ zu erlangen.

 

Davon betroffen sind nicht nur internationale Konzerne, sondern auch alle kleinen und mittelständischen Unternehmen unabhängig von der Kapitalmarktorientierung, die zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen: mehr als 250 Beschäftigte, eine Bilanzsumme über 20 Mio. Euro und Nettoumsatz von mehr als 40 Mio. Euro. Darüber hinaus umfasst die Regelung sämtliche Unternehmen, die an einem EU-regulierten Markt notiert sind. Davon ausgenommen sind Kleinstunternehmen, die zwei dieser drei Merkmale nicht überschreiten: Zehn Beschäftigte, 350 000 Euro Bilanzsumme und 700 000 Euro Nettoumsatz.

 

Den Anfang machen in einem Stufenmodell in ihrem Geschäftsbericht für 2024 sämtliche Unternehmen, die bereits der zuvor gültigen EU-Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung (NFRD) unterliegen. 2026 folgen dann alle Unternehmen die zwei der drei Kriterien erfüllen: Eine Bilanzsumme von mindestens 25 Mio. Euro, Nettoumsatzerlöse von mindestens 50 Mio. Euro und mindestens 250 Beschäftigte. Börsennotierte Small und Mid Caps, die diese Parameter nicht erfüllen, sind 2027 erstmals verpflichtet, in ihrem Geschäftsbericht für 2026 Rechenschaft abzugeben, wenn sie nicht von der Möglichkeit des Aufschubs machen und damit bis 2028 von der Anwendung der Richtlinie ausgenommen werden.

 

Nach einer aktuellen Umfrage der Investmentbank Fidelity ist die Mehrheit der Unternehmen mit der Vielzahl der Berichtsanforderungen noch nicht ausreichend vertraut. Die Ergebnisse sind das Resultate einer Umfrage, die das firmeneigene Analystenteam unter allen Unternehmen aus ihrem Coverage-Universum in den einzelnen Branchen durchführte. Demnach sind 52% der befragten Unternehmen auf die Vielzahl der neuen ESG-relevanten Berichtsanforderungen nicht vorbereitet. In Europa liegt der Prozentsatz mit 60% am höchsten, am niedrigsten dagegen mit 27% in China. Nordamerika und Japan liegen mit 48% bzw. 45% im Mittelfeld. Als größtes Problem charakterisierten die Befragten, wie sie mit den zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen sich auf die verschiedenen Anforderungen gleichzeitig konzentrieren können.

 

Zugleich zeigt sich jedoch der positive Trend, dass eine steigende Zahl von Firmen einen bereits hohen Umsetzungsgrad feststellt. Fast ein Drittel der befragten Analystinnen und Analysten gibt an, die Umsetzung von ESG-Richtlinien in ihren Unternehmen habe sich ausgehend vom zuvor niedrigen Niveau verbessert. Weitere 28% berichten Verbesserungen, die von einem bereits hohen Niveau ausgehen, und 27 % sagen, die ESG-Umsetzung sei bereits jetzt auf einem hohen Level. Diese Unternehmen sehen umgekehrt wenig Spielraum für spürbare Verbesserungen im Jahr 2024.

 

Ungeachtet dieser positiven Trends bei den Blue Chips liegt es auf der Hand, dass vor allem Small Caps ihre personellen und fachlichen Ressourcen noch geschickter bündeln müssen, um die im Zuge der CSRD anfallenden Anforderungen effizient einzubringen. In der Praxis bewährt haben sich multidisziplinäre Teams aus Spezialisten für Finanzen, Nachhaltigkeit, Investor Relations und Strategie.