Krisenmanagement in der IR

Krisenmanagement in der IR

Krisen in der IR kommen immer dann, wenn man sie am wenigsten gebrauchen kann. Und dann auch meist unverhofft und plötzlich. So wie derzeit durch den Coronavirus. Oder sie bahnten sich bereits über einen längeren Zeitraum an, aber es war einfach nicht die Zeit vorhanden, sich auf die anbahnende Krise ausreichend vorzubereiten. Denn Hauptversammlungen, Analystenkonferenzen, Geschäftsberichte, Roadshows, Investorenpräsentationen, aktivistische Aktionäre, Investor Targeting, Quartals- und Halbjahreszahlen, Anforderungen der Nachhaltigkeitsinvestoren … all das bindet enorm viel Zeit und Aufmerksamkeit. Gut also, wenn man sich in einem ruhigeren Zeitraum Gedanken darüber macht, wie man mit einer Krise in der IR am besten umgehen kann: Ein Krisenmanagement-Plan muss her!

Aspekte eines Krisenmanagement-Plans
Worum geht es bei einem solchen Krisenmanagement-Plan? Es geht um das Etablieren von Regeln, Prozessen, Richtlinien und organisatorischen Strukturen, um eine aufkommende Krise abfangen zu können.

Es geht darum, Prioritäten festzulegen. Denn eines, was in einer Krise nicht vorhanden ist, ist Zeit, sich Gedanken über Prioritäten, Abläufe, Prozesse & Strukturen zu machen. All das sollte bereits vor der Krise festgelegt worden sein.

Typische Auslöser einer Krise in der IR
Wodurch wurden in der Vergangenheit typischerweise Krisen in der IR ausgelöst? In einer Befragung des IR magazines und IRInsight gaben 28% der Unternehmen an, dass Krisen in der IR entstanden sind durch globale ökonomische Krisen, durch generelle unternehmerische Probleme (17%), Katastrophen (7%), Gewinneinbrüche (7%), sonstige finanzielle Probleme (7%), feindliche Übernahmen (5%), Ausscheiden eines Managers (4%) oder auch regulatorische Schwierigkeiten (3%)1. Wann liegt denn überhaupt eine Krise vor? Wenn Privataktionäre nach einem Gewinnrückgang von 10% wütend anrufen? Wenn die Presse 1-2 negative Artikel über den Wechsel des CEOs schreibt?

Wenn der Aktienkurs um 5% nach dem Bekanntwerden von regulatorischen Schwierigkeiten einbricht? Zunächst sollte also eine Analyse möglicher Risiken erfolgen und es sollte definiert werden, wann aus Sicht des Unternehmens eine Krise vorliegt, um den Krisenmanagement-Plan zu aktivieren. Hilfreich ist es hier, 2-3 verschiedene Level einer Krise zu definieren und die geplanten Maßnahmen auf den jeweiligen Level anzupassen. So könnte man bspw. eine Level 1 – Krise definieren, wenn der Aktienkurs an einem Tag um mehr als 4% fällt und 3 wichtige Investoren sich melden. Eine Level 2 – Krise mag dann bei 7% Kurseinbruch und 5 verärgerten Investoren definiert werden und eine Level 3 Krise kann dann bei einem Kurseinbruch von jenseits der 13% definiert werden.

Risikoprävention: Frühwarnsystem für Risiken
Nach der Analyse und der Definition möglicher Krisen ist nun klar, was in Ihrem Unternehmen eine Krise ausmacht. Jedoch: Die beste Krise ist jene, die nicht ausbricht: Ein Frühwarnsystem für die definierten Risiken ist also sinnvoll – um die sich anbahnende Krise im besten Fall abwenden zu können. Dabei sind nicht alle Risiken vorhersehbar, aber soweit man vorhersehbare Risiken identifiziert hat, sollte man diese monitoren. Dies gilt vor allem für interne Risiken wie Wechsel im Management, finanzielle Resultate, Strategie oder auch M&A. Wichtig ist, dass die IR frühzeitig von solchen Entwicklungen im Unternehmen erfährt, um sich darauf vorbereiten zu können.

Gerade in der IR bietet sich die Kommunikation innerhalb des Unternehmens sowie mit dem Kapitalmarkt als Risikoprävention an: Auf- und Ausbau von Verteilerlisten, um in der Krise die wichtigsten Akteure am Kapitalmarkt schnell zu erreichen, enge Beziehungspflege mit den Top 50 Shareholdern oder auch das Monitoren der Kapitalmarktmeinungen.

Das Krisenteam
Jede Krise benötigt ein Krisenteam und klar definierte Aufgaben. Welche Abteilungen sollten in einem solchen Krisenteam mit an Board sein? Sicherlich die IR, PR, Finanzen & Legal. Was ist mit weiteren Abteilungen? Je nach Level der Krise kann es sinnvoll sein, das Krisenteam bei einer Level 1-Krise eher klein zu halten oder auch bei einer Level-3-Krise 5-6 Abteilungen einzubinden. Wer wird der „Head of Crisis Management“ sein? Wie sind die Hierarchien innerhalb des Teams und zwischen den Abteilungen zu regeln?

Wer kann welchen Mitarbeitern welcher Abteilung Anweisungen geben? Welche Funktionen, Aufgaben und Verantwortungen haben die einzelnen Abteilungen innerhalb einer Krise? Welche Spokesperson sollte es geben? Welche Befugnisse hat der jeweilige Sprecher?

Der Krisenaktionsplan
Nachdem man sich Gedanken zur Struktur des Teams machen konnte, geht es darum, die Aktivitäten zur Steuerung der Krise zu planen. Dabei sollten die Aktivitäten nicht erst mit dem Eintritt der Krise beginnen sondern bereits mit der Vorbereitung auf unspezifische Krisen oder auch die Vorbereitung auf ganz spezifisch zu erwartende Krisen (bspw. bei einem erwarteten Gewinneinbruch). Während einer Krise kann eine Pressekonferenz, Conference Calls mit Investoren & Analysten, Q&As, etc. ein guter Ansatzpunkt sein. Wichtig: festhalten, wer in der Krise für welche Aktivität verantwortlich ist.

Und: Nach der Krise ist vor der Krise: welche Abläufe haben gut funktioniert, was hat gar nicht gepasst? Welche Veränderungen sollte es geben, welche Strukturen zur Vorbereitung der nächsten Krise angepasst werden?